Abgesagt!
Enno Bunger
„Was berührt, das bleibt.“ Nach großer Tour im Herbst 2019, kommt Enno Bunger mit seinem aktuellen Album „Was berührt, das bleibt“ im Frühling 2020 erneut auf Konzertreise. Wäre Enno Bunger bloß ein musikalischer Dienstleister, würde er seine persönlichen Erfahrungen mit dem Tod ignorieren. Den Menschen, den er tatsächlich verloren hat. Den Menschen, der gerettet werden konnte.
Er würde die Spuren auf seiner Seele für sich behalten und in seinen Liedern einfach unverfängliche Phrasen collagieren, wie man es heute so macht. Aber Enno Bunger ist Künstler. Und als solcher lässt er uns teilhaben. An der Furcht vor dem Diebstahl der Lebenszeit und dem Zorn auf die Unverfrorenheit des Räubers. An der Innigkeit und Nähe, die im gemeinsamen Kampf entsteht. An der Trauer, wenn der Kampf verloren geht und an dem völlig neuen Blick auf das Leben, wenn man ihn gewinnt und seine Zeit nicht länger vergeuden möchte. „Ich schieb nichts mehr auf meine Bucketlist / Ich leg jetzt los bevor alles im Eimer ist.“
Enno Bungers viertes Album bietet den Soundtrack für ein besseres Leben. Eines, in dem man lieber gute Erinnerungen sammelt als Messenger-Verläufe. Eines, in dem die Qualität des Augenblicks größeren Wert hat als das imaginierte Ziel in der Ferne. „Wir wollen nichts mehr werden / wir wollen nur noch sein.“ Die Konsequenz der Platte liegt darin, dass sie diese Qualität lyrisch wie musikalisch in jedem Ton umsetzt. Mutig öffnen sich Bunger und seine Musiker modernen stilistischen Formen und nutzen sie allesamt zu ihrem Vorteil. „Bucketlist“, „Wolken aus Beton“, „One-Life-Stand“ und vor allem das sechsminütige „Ponyhof“ erzählen ausschweifend und tanzbar entwaffnend emotionale Geschichten in der einzigen Form, die ein ganzesLeben in ein paar Dutzend Verse packen kann: Dem Sprechgesang. Enno Bunger rappt, und das besser und luzider als die meisten Hauptberufler dieser Gattung! „Glaube an die Welt“ wiederum bettet das Flehen um eine Verlängerung des Daseins in eine angemessen schwere Form. „Niemand wird dich retten“ verknüpft seine Sprachbilder von Superhelden und Videogames launig mit „Stranger Things“-Retro-Synthies. „Stark sein“ und „Konfetti“ erinnern als klassisch große und dennoch geschmackvolle Piano-Pop-Balladen an Höhepunktevon Oasis oder Robbie Williams und sind so in diesem Land noch nicht geschrieben worden.
Produziert mit Tobias Siebert (sieben Songs), Roland Meyer de Voltaire (zwei Songs) sowie im Alleingang (zwei Songs), findet die Hingabe an das geschenkte Leben Ausdruck in der Sorgfalt der Arrangements und der Tiefe der Emotionen, aber auch in der Verspieltheit der Sprache selbst. Frische Metaphern versprühen echte Lust auf Lyrik. Übermütige Wortspiele erzeugen geistige Kiekser der Freude bei Zeilen wie: „Du suchst überall nach einem Helden, doch hier ist niemand, der einen Clark kennt.“ Die Erinnerung an eine Beerdigung treibt einem die Tränen in die Augen: „Kannst Du das sehen wie wir uns vor Dir verneigen? / Die Bäume streuen Konfetti und klatschen mit den Zweigen.“ Der narrative Marathon von „Ponyhof“ war tatsächlich eine echte Trauzeugenrede. Und spätestens, wenn „jeder Pieks in deinen Arm“ wie „ein Stich in mein Herz“ ist, fühlt sich jeder in tiefer Resonanz verbunden, der jemals den Kampf gegen das alte Arschloch Krebs miterlebt hat.
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